Kategorie-Archive: Öffentlicher Dienst

Sunn O)))

Um kurz vor 19 Uhr mit der Bahn zu Val. Sehr schöner Abend mit einem NBA-Final. Um kurz nach 22 Uhr zum Unsound Music Festival. Die Location liegt abgelegen in einem Hafenviertel und ist ein ehemaliges Elektrizitätswerk. Die Warteschlangen davor sind riesig. Wir brauchen fast vierzig Minuten, bis wir eingelassen werden, obwohl wir, so wie alle anderen auch, bereits ein Ticket haben. Das Gebäude beeindruckt mich und ist eine Industriekathedrale. Wir bekommen noch die beiden letzten Lieder von Raime mit, die mir gut gefallen, dann stellen wir uns ans Ende der Schlange vor der Bar. Nach Ewigkeiten bekommen wir unsere Getränke und stellen uns vor die Bühne – pünktlich zum Konzertbeginn von Sunn O))). Was für ein Druck! Der Auftritt hat zwar auch peinliche Aspekte, etwa die wechselnde Kostümierung des Sängers Attila Csihar und sein pseudo-gregorianisches Gemurmel, doch das Konzert ist eine echte körperliche Erfahrung. Die Bässe dringen durch meinen Körper und mir wird fast schlecht dabei. Noch nie habe ich eine solche Wucht bei einem Konzert erlebt.

 Freitag, 10. Juni 2016, Toronto

hearn generating station scaled

Bullauge

Mit dem Auto nach Stratford, ein niedlicher, kleiner Ort mit vielen putzigen Geschäften und mehreren bunt angemalten Klavieren auf den Bürgersteigen, an denen Menschen, wenn sie Lust haben, musizieren können. Danach weiter nach Leamington in ein rustikales Hotel namens Seacliff Inn. Unser Zimmer ist urig mit Kamin und einem Bullauge, das sich nicht öffnen lässt.

Donnerstag, 6. August 2015, Leamington

SELFIES OHNE SELBST (VIII)

15.05 Keele Street Toronto

Keele Street, Toronto

In meinem Arbeitszimmer in Toronto lebte ich mit der Hauptfigur des Romans zusammen, den ich gerade schrieb. Vor dem Fenster stand ihr Zeichenbrett, in der Ecke ihr Bett. Die warme Heizungsluft kam aus der Decke und die Fenster ließen sich nur ein Stück weit aufkurbeln. Hinter meinem Rücken hatte sie das Regal mit ihren Graphic Novels aufgebaut.

Indiebookday 2020

indiebookdayHeute ist Indiebookday und da habe ich mir gleich zwei neue Comics gegönnt, die ich soeben bei Strips & Stories bestellt habe. Zum einen »Appropriate« von Gabrielle Bell, zum anderen »Ich fühl’s nicht« von Liv Strömquist. Es wird noch dauern, bis die Comics bei mir ankommen werden – die Wartezeit bis dahin verkürze ich mir mit der Lektüre früherer Werke dieser Ausnahmekünstlerinnen. In der Lettrétage hätte heute zudem die Lesung von Sofie Lichtenstein und Sarah Berger stattfinden sollen, die gleichzeitig auch die Buchpremiere von Sarahs Buch »bitte öffnet den Vorhang« gewesen wäre, der als zweiter Band in der von mir herausgegebenen Reihe für Autofiktionen »Sonnenbrand« erschienen ist. Dazu ein Gedanke, den ich in letzter Zeit oft habe: Wir leben in einer Zeit intensiver Verteilungskämpfe, es geht um Deutungshoheiten, Sichtbarkeit, Gehörtwerden, Präsenz und Macht. Die Texte von Frauen, Zugewanderten, People of Color, Queers oder Transgender zeichnen sich dabei durch eine besondere Relevanz aus. Als männlicher Autor lerne ich viel aus den Büchern von Chris Kraus oder Virginie Despentes. Von der Vehemenz von Hengameh Yaghoobifarah, von der Klugheit Mithu Sanyals, der drängend-quälenden Radikalität von Sarah Berger, Margarete Stokowski oder Sibel Schick. Die Texte verunsichern mich und machen mir Angst. Heftigere Gefühle kann Literatur nicht auslösen. Übrigens: Heute um 19 Uhr liest Sibel Schick auf Ihrem Instagram-Kanal aus »Deutschland schafft sich ab«.
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