VERFÜHRUNG DER UNSCHULDIGEN 1-24 (Original Soundtrack)

Druckfreigabe erteilt! Mein Roman erscheint am 5. September, eine Woche später als angekündigt, dafür um 52 Seiten länger. Zur Überbrückung der Wartezeit hier der Spotify-Soundtrack der ersten 24 Kapitel:

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Wirklichkeit

»Einen Roman zu schreiben hat nichts damit zu tun, etwas zu erzählen, das in direktem Bezug zur Wirklichkeit steht. Es bedeutet, ein Spiel zwischen Autor und Leser zu etablieren. Es hat mit Verführung zu tun.« (Georges Perec)

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Allegorien

Um 18 Uhr 30 verlasse ich die Wohnung und fahre mit der S1 zum Brandenburger Tor. Anschließend laufe ich einen Kilometer auf der Straße »Unter den Linden« bis zum Maxim Gorki Theater. Davor ein Bauzaun mit Fotos und Schaukästen mit Monitoren, auf denen Filmausschnitte zu sehen sind. Sie sind Teil der Ausstellung »100 + 10 – Armenian Allegories«, die im Inneren des Hauses weitergeht. Kurz nachdem ich im Theater angekommen bin, beginnt bereits der Einlass. Zum ersten Mal bin ich im Gorki Theater, das überraschend klein ist. Nur das Parkett ist offen und der Zuschauerraum vielleicht zu einem Drittel oder Viertel gefüllt. Das Stück in englischer Sprache, »Donation« von Atom Egoyan, ist ein sehr gut geplottetes Zwei-Personen-Stück, das als Interview anfängt und in einer Art Verhör endet. Aufhänger: Die Kostüme aus Atom Egoyans Film »Ararat« von 2002 sollen dem Gorki Theater gespendet werden. Die Schauspielerin Arsinée Khanjian, die Ehefrau von Atom Egoyan, spielt sich quasi selbst, ihr Gegenüber ist ein deutscher Archivar namens Günter.

»Donation« ist ein intensives, aber auch voraussetzungsreiches Kammerspiel mit vielen politischen Anspielungen, in dem zahlreiche Film-Einspielungen geschickt eingebaut sind. Ein Stück über das katastrophale Schicksal der Armenier in der jüngeren Geschichte, aber auch eine Liebeserklärung an Atom Egoyans Frau – einer Nacherzählung ihrer Familien- und Flüchtlingsgeschichte, ihrer Filmkarriere, ihres politischen Engagements, ihrer Krebserkrankung und des körperlichen Niedergangs. Der männliche Schauspieler Edgar Eckert ist eine Idealbesetzung, allein sein kurzes Aus-der-Rollen-Fallen beim Stichwort »Blitzkrieg« finde ich unglaubwürdig. Die Darstellung von Arsinée Khanjian überzeugt mich dagegen weniger, obwohl sie sich ja quasi selbst spielt – es ist wirklich kurios, doch stellenweise nehme ich ihr die Figur nicht ab und finde ihr Spiel übertrieben und gekünstelt. Trotzdem hat sich der Abend gelohnt. Dabei kann ich noch nicht einmal sagen, ob ich das Stück gut und die Verbindung aus Aufklärung, Anklage und Huldigung angemessen finde – es spielt auch gar keine Rolle, da das Stück so eindringlich ist und mich zum Nachdenken genau über diese Fragen anregt.

Hinterher bin ich tief bewegt. »Donation« ist das erste Theaterstück, das ich in Jahrzehnten gesehen habe, das mich tatsächlich berührt hat. Ich verlasse das Gorki Theater und laufe zurück zur U-Bahnstation. Der Bahnsteig ist verwaist, nur ein alter Mann schlurft langsam zu den Verkaufsautomaten neben der Sitzbank. Er schaut in die Münzrückgabefächer, die alle leer sind. Ich habe Mitleid mit dem Mann, zücke mein Portemonnaie, nehme ein Zwei-Euro-Stück heraus und gehe zu dem Mann. Entschuldigen Sie, sage ich. Er zuckt zusammen und schaut mich furchtsam an. Dann sieht er die Münze und hält die Hand auf, die ziemlich dreckig ist. Ich lege die Münze hinein, die Hand schließt sich und der Mann lächelt mich selig an. Sein dankbarer Blick geht mir unter die Haut wie ein Zeichnung von Käthe Kollwitz. Ich nicke und entferne mich wieder. Der alte Mann dreht sich um. Er tritt an den Automaten und wirft das Geldstück oben in den Münzschacht. Ich befürchte das Schlimmste und umrunde nervös die Sitzbank. Ein Flehen ertönt. Von hinten nähere ich mich heimlich dem Mann, der klagend vor dem Automaten steht. »Das Geld … das ich gerade bekommen habe … ist weg!« Die Maschine hat die Münze einfach geschluckt. Der Mann drückt auf alle Tasten, doch es hilft nichts. Er bekommt weder ein Produkt, noch seine zwei Euro zurück. Eine S-Bahn fährt ein. Es ist nicht meine. Mit leeren Händen schlurft der alte Mann zur Bahn. Der Warnton erklingt bereits und gerade noch, bevor sich die Türen schließen, schafft es der alte Mann in den Wagen und fährt davon.

mdegens.barbiemania

I LOVE URLAUB (Agaete)

Um kurz nach fünf wachgeworden. Um halb sechs Kaffee und kurzes Lesen im Bett, danach aufstehen, packen und um sieben Uhr mit dem Taxi zum Flughafen. Das Kofferabgeben und Einchecken geht sehr schnell. Um halb neun sitzen wir behaglich gegenüber unseres Abfluggates und warten auf den Abflug um halb zehn. Gemütlicher Flug nach Frankfurt, dann langer Marsch durch den Flughafen zum Gate B2. Um Viertel nach elf dort. Unser Flug ist überbucht und es werden zwei Passagiere gesucht, die auf ihren Flug verzichten und stattdessen später an diesem Tag oder morgen fliegen möchten. Alexandra erkundigt sich nach den Konditionen. Es werden vierhundert Euro pro Sitz geboten. Wir würden das Geld annehmen, wenn wir die Garantie hätten, heute noch wegzukommen. Diese gibt es aber nicht, insofern verzichten wir auf die Offerte und gehen stattdessen an Bord. Sehr guter Flug. Obwohl der Flug überbucht war, hatten wir als einzige Passagiere sogar einen freien Platz in unserer Dreier-Reihe und konnten uns deshalb richtig ausbreiten. 

Um kurz vor sechzehn Uhr Landung. Dann zum Mietwagenschalter, vor dem sich eine lange Warteschlange gebildet hat. Um kurz vor siebzehn Uhr bekommen wir unseren Wagen zugewiesen, gehen ins Parkhaus und erhalten die Schlüssel für einen Hyundai i10. Einladen und los. Wir fahren im dichten Feierabendverkehr nach Agaete, das etwa fünfundfünfzig Minuten entfernt ist, und verlassen zehn Minuten vor dem Ziel die Autobahn und steuern einen großen Hiperdino an, wo wir uns mit ersten Vorräten eindecken. Außerdem kaufen wir einen Salat und ein Sushi-Gedeck, welches wir an einem von zwei Tischen hinter der Kasse neben dem Kaffeeautomaten mit einer Flasche Cola Light verspeisen. Danach Weiterfahrt nach Agaete. Die Straßen werden eng, kurvig und hügelig. Die Einfahrt unseres Ferienapartments liegt am Ende einer Rampe in einer Sackgasse und bietet einen abenteuerlich schmalen Parkplatz. Der ächzende Hyundai schafft es nicht ganz über die letzte Schwelle. Ich stelle den Motor ab, steige aus und bin nicht zufrieden mit der Parkposition, weil das Heck bis zum Straßenrand reicht. Also steige ich wieder ein und versuche, den Motor zu starten, was mir aber nicht gelingt. Immer wieder versuche ich es, fahre dabei aber nicht nach vorn, sondern rolle immer weiter zurück. Die Anzeige auf Spanisch deutet auf Batterieprobleme hin. Ich bin wütend und müde.

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